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Info Baikalsee

Gästebuch/Guestbook

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Dieses kleine Buch aus Birkenrinde entstand in Sibirien am Baikalsee, dem tiefsten und wasserreichsten See der Welt (er beinhaltet ca. 23% des gesamten Süßwassers dieses Planeten)

Ein sibirischer Sommer

1997 arbeitete ich im Rahmen meines Studiums vier Sommermonate als Praktikant bei der bekannten sibirischen Umweltschutzorganisation "Baikal Environmental Wave" (maßgeblich unterstützt von der Heinrich-Böll-Stiftung) in Irkutsk (=> Praktikumszeugnis

In der Freizeit gab es etliche Rucksacktouren im Bereich des Baikalsees, unter anderem mit der Botanikerin Maya Michalovna. Faszinierende Bilder und Landschaften gab es zu sehen: Touren ins Gebirge Hamar Darban, auf die große Steppeninsel Olchon, nach Burjatien (grenzt an die Mongolei) und und und... Das Wetter war warm/heiß und trocken, typisches Kontinentalklima.

Tja, und nebenbei habe ich an diesem Buch gebastelt, Vorlagen hatte ich dafür keine. Sobald der Rohling fertig war, war er im Rucksack mit dabei und in den Pausen wurde dran weitergearbeitet. Erst hinterher habe ich erfahren, daß Birkenrinde bei vielen nordischen Ureinwohnern ein traditionelles Material für viele Produkte war, auch in Sibirien. Eine Frau vom Volk der Ewenken aus dem Dorf Katschergat sagte mir, das Buch sähe aus wie von einem Schamanen gemacht. Sollte wohl ein Kompliment sein ;-) Auf jeder Seite gibt es eine andere Impression meine sibirischen Erlebnisse zu sehen. Nicht immer mit Worten erklärt, auch mit abstrakten Tuschezeichnungen, Kollagen aus Steinen und Pflanzenteilen usw.

In der Onlineversion können Sie das Birkenrindenbuch einfach mal aufklappen und reinschauen. Die Auflösung ist ziemlich hoch, daher sollten eigentlich alle Details zu erkennen sein. Bitte beachten Sie das Copyright. 

 

Herstellung

Der Einband

In der Nähe des Dorfes Katschergat am Baikalsee sammelte ich dünne Birkenrinde abgestorbener (!) Bäume und presste sie. Für das Buch wurde zuerst ein kräftiger Einband aus Rinde geformt, dann die einzelnen Seiten zugeschnitten, übereinandergelegt, und mit Zwirn und Knochenleim fest mit dem Umschlag vernäht. Das Buch wurde dadurch sehr stabil.

Zum Schluß wurden zwei ca. 1,50 Meter lange Lederbänder zusammen mit Leim an den Umschlag genäht. Im geschlossenen Zustand sind die Lederbänder zum Schutz fest ums Buch gewickelt, die Maße betragen ca. 18x12 cm, die Dicke 1,5 cm.

Die Gestaltung der Seiten

Jede Seite wurde individuell ausgeformt und erzählt meist eine Geschichte meiner Reisen rund um den Baikalsee, entweder ganz abstrakt oder mit wenigen Worten. Integriert sind ausschließlich Materialen der Gegend, welche die Seite beschreibt. Die Steppeninsel Olchon brachte Steine, blühenden Thymian, eine Rose aus den Dünen am Strand. Auf einem mit roten Flechten bewachsenen Fels in der Steppe fand ich dort ein Gewölle mit eingeschlossenen kleinen Knochen.   

Die Pflanzenteile wurden getrocknet und mit Holzleim auf die Seite geklebt. Als abschliessende Schutzschicht bekamen sämtliche fragilen Strukturen einen transparenten Überzug aus Knochenleim, deutlich zu sehen zum Beipiel ==> hier (die Pflanzenteile der linken Seite erscheinen dadurch wie aus Kunststoff). 

Der nächste Arbeitsschritt war dann die Kontrastierung aller Strukturen mit Tuschestiften der Stärken 0,18mm/0,35mm/0,50mm. Dazu wurden alle aufgeklebten Materialien mit einer Tuschelinie umrahmt, um den Kontrast zu verstärken und jedem noch so unscheinbaren Element eine eigene Bedeutung zu geben. 

Danach begann die eigentliche grafische Ausgestaltung der Seiten. Geschichten, Gedichte, abstrakte Symbole einer grandiosen Natur, Insekten, verschlungene Verknüpfungen verschiedener Strukturen. Die Buchstaben sind selten größer als 4 Millimeter, oft sogar deutlich kleiner, eine echte Sisyphusarbeit...

Copyright of all graphics: Martin Grund, 67433 Neustadt/Germany - www.MartinGrund.de


Hieronymus Bock (siehe auch => hier) schreibt im 16. Jahrhundert: "Der Birkenbaum ist vor Zeiten in grosser Würde gewesen, drumb das man auff die weissen Rinden desselben baums etwan geschrieben, ehe dannd ie lumpen zum Papyr erfunden worden, wie ich danselbst zu Chur im Schweitzerland etlich Carmina Vergillii auff weisse Birckenrinden geschrieben, gesehen und gelesen hab."

Aus: "Kochen-Heilen-Zauberei"  - Rund um die Birke, Eichborn Verlag, Frankfurt; Autoren: Gerd u. Marlene Haerkötter

Herzlichen Dank an Walter J.Pilsak für den Hinweis ==> http://www.pilsak.de/


Dr. phil. Wolfgang Giella (Kantonsbibliothekar - Karlihofplatz, CH-7001 Chur) schrieb mir im Februar 2006 freundlicherweise folgendes: 

"(...) Von meinem persönlichen Hintergrund aus – ich habe in Göttingen das Sondersammelgebiet Altaistik, Paläosibiristik und Koreanistik geleitet und bin von Hause aus Zentralasienwissenschaftler im philologischen Sinn – kann ich Ihnen aber sagen, dass Birkenrinde lange Zeit tatsächlich in sibirischen Breitengraden als Speichermedium verwendet worden ist. (...) Auch die Staatsbibliothek in Berlin verfügt über eine kleinere Kollektion von Birkenrindentexten, ebenso die Akademie der Wissenschaften zu Berlin-Brandenburg. Falls Sie hierzu mehr erfahren möchten, können Sie sich an die genannten Stellen wenden; ich denke, man freut sich dort über jedes Interesse. 

In wie weit wir in Europa Birkenrindentexte noch finden und wer eine solche Sammlung erschlossen hat, vermag ich leider nicht zu sagen. Tendenziell ist dies aber vor allem im skandinavischen und baltischen Raum zu vermuten, da Pergament und Papyrus im mediterranen Raum schon sehr lange bekannt waren und auch der für deren Verwendung hierfür notwendige Reichtum gesellschaftlich schon früh erreicht war; eben im Gegensatz zu Nord-, Nordost- und Osteuropa. 

Mehr kann ich Ihnen auf die Schnelle nicht mitteilen. Wenn Sie Literatur oder dergleichen suchen, werden wir Ihnen gerne behilflich sein."

http://www.kantonsbibliothek.gr.ch/


Interessante Links:

http://www.lwf.bayern.de/imperia/md/content/lwf-internet/veroeffentlichungen/lwf-wissen/28/lwf_wissen_28_16.pdf

http://www.nativetech.org/brchbark/ 

http://humanities.uchicago.edu/depts/slavic/bblphotos.html

http://www.albertasource.ca/boreal/the_traditions/birchbark.html

http://www.birchbarkcanoe.net/

http://www.keltenmuseum.de/dt/funde/hut.html

 

Literatur:

Dr. Elisabetta Chiodo:

A Mongolian Hymn to Qongsim Bodisung on Birch Bark from Xarbuxyn Balgas (Bulgan Aijmaq).
Ural-Altaische Jahrbücher. Neue Folge 15 (1997/98), 223-249